|| Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte in den psychiatrischen Einrichtungen (damals „Irrenfürsorge“) des Großherzogtums (Ghzgm.) Badens ein unübersehbarer Bettenmangel, weswegen man sich im Jahre 1905 dazu entschloss die Großherzoglich Badischen Heil- und Pflegeanstalt bei Wiesloch zu gründen. Im Modell einer Gartenstadt entstand dort die größte Pflegeanstalt des Ghzgm. Schon vor der Zeit des Nationalsozialismus wurde eine Therapierung durch Arbeit in der angegliederten Landwirtschaft angestrebt, doch wurde die Einrichtung ab 1933 immer mehr zu einem Leistungsbetrieb umgeformt, in dem weniger die Krankenfürsorge, sondern mehr der wirtschaftliche Ertrag im Mittelpunkt stand. Insgesamt 1.204 Patienten wurden in die T4-Tötungsanstalten Grafeneck und Hadamar deportiert. Am 29. Februar 1940 wurden mit dem ersten Transport 42 Männer und Frauen nach Grafeneck gebracht. Diesem schlossen sich bis November 1940 insgesamt elf Transporten mit 675 Patienten an. Ab Dezember 1940 war Wiesloch eine Zwischenanstalt für Hadamar. Patienten aus verschiedenen Anstalten wurden in Wiesloch gesammelt, bevor zwischen März und Juli 1941 265 Patienten in fünf Transporten nach Hadamar gebracht und dort ermordet wurden. Auch Wiesloch war ein Ort der dezentralen „Euthanasie“, die genauen Opferzahlen sind unbekannt. Die Heil- und Pflegeanstalt war nach 1941 wegen „kriegsbedingter Notwendigkeit“ abwechselnd und zum Teil gleichzeitig Lazarett, Ausweichkrankenhaus und Flüchtlingslager.
