17 Obrigkeit und Verwaltung
Die Kurmainzische Amtskellerei (Buchen)
Beschreibung der mainzischen Verwaltung und des Gebäudekomplexes
Standort: Eingang (49.52163,009.32606)
Alutafel, Museumsstraße Odenwälder Bauernhaus Nr. 17 (digitalisiert 2020)
Die kurmainzische Amtskellerei Buchen
Obrigkeit und Verwaltung
Das Gebiet des hinteren Odenwaldes und große Teile des Baulandes gehörten rund 500 Jahre lang bis zur Säkularisation 1803 zum Kurfürstentum Mainz: die Stadt Buchen wurde 1303/09 mainzisch. Das Kurfürstentum, an dessen Spitze der Erzbischof von Mainz stand, war auf der unteren Ebene der Verwaltung in Amtskellereien eingeteilt. In unserem Raum gab es die Kellereien Amorbach, Buchen und Walldürn, die zusammen das Oberamt Amorbach bildeten.
Der Bezirk der Amtskellerei Buchen umfasste ursprünglich 32 Orte, die entweder ganz zu Kurmainz gehörten oder in denen der Kurfürst einzelne Rechte besaß. Die Amtskellerei wurde von einem herrschaftlichen Beamten, dem sog. „Amtskeller“ geleitet. Diesem ·waren sämtliche obrigkeitlichen Verwaltungsaufgaben in seinem Bezirk übertragen. Vor allem war er für die Erhebung der Steuern und Abgaben der Untertanen zuständig. Zur Einlagerung der teilweise in Naturalien geleisteten Abgaben waren Scheunen und Keller notwendig (daher Name und Funktion des „Amtskellers“).
Die wichtigrten der zahlreichen herrschaftllchen Steuern und Abgaben waren:
Grundzinsen (Grundsteuer), Schatzung (Vermögens- bzw. Kriegssteuer), Ohmgeld (Getränkesteuer), der Zehnt (Naturalabgabe, abhängig vom Ernteertrag), Frongeld, Besthaupt und Manumissionsgebühr (Lelbeigenschaftsabgaben), Handlohn (Steuer bei Besitzwechsel), Bede (Kopfsteuer), Judenzoll und Judenschutzgeld (Abgabe der Juden), Weggeld, Markt- und Standgeld, Erbpachtgelder.
Neben den hauptsächlich politischen Ursachen trug die vor allem in Zeiten von Krieg und Teuerung drückende Abgabenlast zum Bauernkrieg 1525 und zur Revolution 1848/49 bei. Im April 1525 übernahm Götz von Berlichingen in Buchen - vermutlich hier in der Kellerei - die Hauptmannschaft über den „Hellen Odenwälder Haufen“ des Bauernheeres. Im Jahre 1848 plünderten Bauern, die über die hohen Ablösesummen bei der Abschaffung der standesherrlichen Abgaben aufgebracht waren, den Fruchtspeicher und das Rentamt des Fürsten von Leiningen, das seit 1803 in der Kellerei untergebracht war.
Heute beherbergt die ehemalige kurmainzische Amtskellerei das 1911 gegründete Bezirksmuseum Buchen mit reichhaltigen volkskundlichen Sammlungen zur Geschichte der Stadt Buchen und des badischen Frankenlandes.
Die Buchener Kellerei besteht aus vier Gebäuden:
Der steinerne Bau (1), das Hauptgebäude, erichtet im Jahre 1493 unter Erzbischof Berthold von Henneberg. Der Bau diente zeitweise als Residenz der Mainzer Erzbischöfe bei Sommer- und Jagdaufenthalten - und als Verwaltungsgebäude.
Das Trunzerhaus (2), benannt nach dem Gründer des Bezirksmuseums Buchen, Karl Trunzer. Der Fachwerkbau stammt in seinem Kern aus dem frühen 17. Jahrhundert: ein Bogenstein im Innern trägt die Jahreszahl 1608. Er beherbergte die Wohnung des Amtskeßers. Als Sohn eines kurmainzischen Amtskellers verlebte hier der deutsch-schwedischen Komponist Joseph Martin Kraus (1756 - 1792) seine Jugendjahre.
Die Zehnscheuer (3), mit der Jahreszahl 1627. Sie diente zur Aufbewahrung der Naturalabgaben, besonders der Zehntfrüchte.
Der Marstall (4). Hier befanden sich Stallungen und im oberen Geschoss die Gesindewohnungen.